Politik

Kurz redet von Entlastung – und legt einen Plan für massive Steuererhöhungen vor

Foto: Flickr / Ars Electronica / CC BY-NC-ND 2.0

ÖVP-Obmann Sebastian Kurz hat noch nicht viel darüber gesagt, was er vorhat, aber immerhin die Summe von 14 Milliarden Euro in die mediale Diskussion geworfen. Um diesen Betrag, 4 Prozent des BIP, will er die Steuer- und Abgabenquote senken. Wie er das machen will? Durch massive Kürzungen bei den Förderungen. Was er nicht verstanden hat: Das erhöht die Steuern auf Mieten, Lebensmittel, Arbeitnehmereinkommen und Pensionen.

Sebastian Kurz, der designierte Obmann der ÖVP, hat für seine 14-Milliarden-Einsparungen nur zwei Ansätze. Der eine, die Mindestsicherung und Familienbeihilfen für Ausländer kürzen, kann – neben allen praktischen und rechtlichen und sozialpolitischen Problemen – auch in der Theorie höchstens einen kleinen Bruchteil dieser 14 Milliarden bringen.

Der andere Ansatz von Kurz ist, Förderungen zu streichen. Er erklärt das so: „Derzeit ist es so, dass den Menschen zuerst aus der einen Tasche sehr viel Geld gezogen wird, um dann scheinbar wieder großzügig einen Teil dieses Geldes durch Förderungen zurückzugeben.“

Nun ist es lohnend, sich das genauer anzuschauen. Tatsächlich fördert der Staat Personen, Haushalte, Unternehmen, Institutionen, Initiativen usw. mit 20 Milliarden Euro pro Jahr, wie der jüngste Förderbericht des Finanzministeriums zeigt.

Fünf Milliarden direkte, 15 Milliarden indirekte Förderungen

Fünf Milliarden davon sind direkte Förderungen, also Zahlungen des Staates für z.B. Forschungsförderung, den Breitbandausbau, den Arbeitsmarkt, die Umwelt und – die mit 1,3 Milliarden Euro bei weitem größte Position – die landwirtschaftlichen Betriebe.

15 Milliarden Euro sind indirekte Förderungen. Das sind keine Auszahlungen des Staates, sondern da verzichtet der Staat auf Einnahmen. Also genau genommen das Gegenteil von Kurz‘ Analyse, wonach der Staat den Leuten das Geld aus der Tasche zieht und dann verteilt. Der Staat lässt den Leuten und den Unternehmen das Geld in der Tasche.

Die größte einzelne Position bei der indirekten Förderung ist der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der sich auf fünf Milliarden Euro Einnahmenverzicht summiert.

Wohnen, Lebensmittel, Arzneien werden teurer

Worum geht’s konkret? Der normale Mehrwertsteuersatz liegt bei 20 Prozent; für viele Leistungen und Produkte werden allerdings nur 10 Prozent fällig. Dazu gehören Mieten, Lebensmittel, Bücher, Zeitungen, Arzneimittel u.v.m. (Seit der Steuerreform 2015 gibt es zwei ermäßigte Steuersätze.)

Kurz hat gesagt: „Was ich mir wünsche ist ein System, das dazu führt, dass nicht mehr jeder und alles gefördert werden muss.“ Wenn wir ihn hier beim Wort nehmen, heißt das: Der ermäßigte (geförderte) Mehrwertsteuersatz wird auf 20 Prozent angehoben. Eine unmittelbare Folge davon: Wohnen, Lebensmittel, Arzneien werden teurer.

Die zweite Folge: Das ist einfach eine Steuererhöhung. Das heißt, Kurz würde nicht nur eine Teuerungswelle auslösen – er würde auch die Steuer- und Abgabenquote erhöhen.

Steuererhöhungen für Arbeitnehmer und Pensionisten

Das gilt auch für alle anderen Positionen der indirekten Förderungen. Der Staat verzichtet bei der Forschungsprämie für Unternehmen auf Gewinnsteuern – eine Förderkürzung wäre einfach eine Steuererhöhung. Das Gleiche bei der steuerlichen Begünstigung von Überstunden, beim Kinderabsetzbetrag, beim Pensionistenabsetzbetrag, beim Pendlerabsetzbetrag, bei der Pendlerpauschale usw.

Wenn Kurz die indirekte „Förderung“ streichen oder verringern will, erhöht er damit die Steuern für die Arbeitnehmer, Pensionisten und Unternehmen. Das heißt: Er erhöht Steuer- und Abgabenquote.

Hat Kurz das vielleicht gar nicht so gemeint?

Man kann sich nur an das halten, was der Chef der seit wenigen Wochen nach ihm benannten Partei gesagt hat. 14 Milliarden Euro will er sparen. Der einzige von ihm genannte konkrete Punkt, wo ein solcher Betrag mobilisiert werden könnte, sind die Förderungen. Was er halt einfach nicht bedacht hat, ist, dass er mit Sparen bei den indirekten Förderungen die Steuerquote erhöht.

Könnte er nur die direkten Förderungen gemeint haben? Das ist natürlich denkbar; vor allem, weil er ja auch für die EU eine Rechnung angestellt hat, wie er den Ausfall des Nettozahlers Großbritannien kompensieren will. – Durch Einsparungen bei der Kommission. Da ficht es ihn auch nicht an, dass Großbritannien bisher netto 14 Milliarden pro Jahr beiträgt, und damit weit mehr, als die gesamten Verwaltungskosten der EU (Kommission, Parlament etc.) ausmachen. Also ja, es ist denkbar, dass Kurz meint, bei einer direkten Fördersumme von fünf Milliarden können man 14 Milliarden einsparen.

Will Kurz den Bauern Förderungen kürzen?

Aber ist es auch denkbar, dass Kurz den Bauern, die am stärksten von den direkten Förderungen profitieren, Zahlungen kürzen oder streichen will? Dazu hat sich Kurz‘ Stellvertreterin und Generalsekretärin, Elisabeth Köstlinger, im Zusammenhang mit dem EU-Budget schon festgelegt. Sie sagt nein: „Die Höhe der Förderung ist durch Umschichtung zu sichern – unabhängig von der tatsächlichen Höhe des künftigen EU-Budgets.“

Mehr zum Thema:

Bundesministerium für Finanzen: Förderungsbericht 2015

Umsatzsteuergesetz (siehe § 10 und Anlage 1 und 2; ermäßigte Steuersätze)

ÖVP-OTS, 22.Mai 2017: Köstinger: „Wir sichern das Einkommen der Bauern“

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Rosenfeld
Rosenfeld
8. März 2018 12:29

»Was er nicht verstanden hat: Das erhöht die Steuern auf Mieten, Lebensmittel, Arbeitnehmereinkommen und Pensionen.«

Das ist ja das Geniale an der Sache: er soll es gar nicht verstehen. Sonst würden ihn seine Hintermänner gar nicht mögen oder sagen wir besser „nicht loben“, mögen tun sie ihre ohnehin nicht. Besagte Kreise MÖGEN solches Lumpenpack genau so lange, wie es ihnen nützt.

Und ich hoffe, dass Kanzler Schnurz, Furz oder wie immer der heißt, diese Erfahrung sehr früh machen muss!

Na, diese Korrekturautomatik ist fatal. Wie leicht
Na, diese Korrekturautomatik ist fatal. Wie leicht
Reply to  Rosenfeld
8. März 2018 12:31

man da Entscheidendes übersieht: »… tun sie ihn …«
Bitte abstellen!

Hans
Hans
Reply to  Rosenfeld
30. Mai 2019 14:08

Kurz führt ganzes Volk an der Nase herum tut schön ins Gesicht befragt das Volk und dann macht er erst was er will und das ist eine Frechheit falls das manche Leute die Kurz wählen noch nicht kapiert haben, ausserdem ist er nun der erste Kanzler dessen Amtszeit am kürzesten war (lach lach) 🙂 er wurde rausgeschmissen! Dennoch kapieren einige Leute was nicht und wählen den Kurz sicher wieder und das sind Idi…. ganz einfach! Es muss sich was ändern! So kann es nicht weitergehen diese Regierung war höchste Zeit das diese verschwindet und hoffendlich nicht wieder kommt!

Blemmblemm
Blemmblemm
8. März 2018 12:22

Und, was ist aus den Erhöhungen geworden?

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Reich gewinnt, arm verliert, sozial schaut anders aus! Sebastian Kurz träumt im Wahlprogramm, verspricht Milliardenentlastungen für Besserverdiener, Erben, Eigentumskäufer & Unternehmer und verabsäumt zu erklären und vorzurechnen, wo er das Geld
8. September 2017 01:11

[…] vagen Andeutungen damals, wie er die 14 Mrd. Euro zusammenbekommen will: Kürzen bei den Förderungen und bei der Mindestsicherung und Familienbeihilfe für […]

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Kurz über sein Wahlprogramm: "Die Friseurin und der Kellner bekommen nichts. Selbstredend" - Kontrast.at
7. September 2017 10:54

[…] vagen Andeutungen damals, wie er die 14 Mrd. Euro zusammenbekommen will: Kürzen bei den Förderungen und bei der Mindestsicherung und Familienbeihilfe für […]

Stoffel80
Stoffel80
12. August 2017 18:45

Lieber Herr Fleissner.
Auch wenn dieser Blog durch den SPÖ Parlamentsklub betrieben wird wäre eine realitätsnähere Berichterstattung wünschenswert.
Eine steuerentlastung bedeutet zuweilen nicht den mindeststeuersatz anzuheben sondern bestehende steuern vielmehr zu senken. Österreich hat Spitzenposition bei Förderungen inne. Großunternehmen werden mit riesigen Summen angelockt während klein und Mittelbetriebe brav die hohe Steuerlast schultern müssen ohne Unterstützung des Staates. Diese schaffen jedoch die meisten Arbeitsplätze. Macht eine Förderung der Großunternehmen in ihren Augen wirklich Sinn oder sollte man nicht Kleinunternehmer und Beschäftigte steuerlich entlasten wie dies Herr Kurz vorschlägt?

Peter Bachhuber
Peter Bachhuber
20. Juli 2017 08:47

Hallo Herr Kurz,

wie sieht die Verwaltungsreform aus?
wie steht es mit der direkten Demokratie nach der Wahl aus?
wie sieht die Zusammenlegung der Kranken und Pensionskassen aus?
während meiner Berufslaufbahn als Angestellter und Selbständiger habe ich sehr gut verdient und sehr viel Steuern bezahlt.
jetzt bin ich ASG Pensionist mit der ASVG Höchstpension!
Wie kann es sein, dass Pensionisten in öffentlichen Institutionen 100 bis 300% mehr erhalten?????
Sind normale Bürger Melkkühe der Nation?
wie sieht die soziale Gerechtigkeit aus?

Helmut Handler
Helmut Handler
Reply to  Peter Bachhuber
27. Juli 2017 23:26

Sie wissen genau, dass öffentl. Bedienstete z.B. keine Abfertigung erhalten. Außerdem ist de Akademikeranteil wesentlich höher, als im Schnitt. Außerdem verdienen öffentl. Bedienstete im Vergleich zur Privatwirtschaft weniger. Über die Lebensverdienstsumme gerechnet gleicht sich das alles wieder aus.

N. Thorp
N. Thorp
6. Juli 2017 14:08

Betrachtet man die Steuerquoten im OECD Vergleich, so liegt Österreich bedenklich weit oben in der Vergleichsskala.
Es liegt also auf der Hand, dass der Staat offensichtlich zu viel Geld verplempert.
Eine Kürzung bei der Verwaltung wäre angebracht:
1. weniger Verwaltungsrecht
2. gestraffte Sozialleistungen (eine Pensionsversicherung, eine Krankenkasse etc.) statt der „vielen“
3. weniger komplizierte Förderungen
4. Vereinfachung der Gesetzgebung usw.
Alles in allem lassen sich sicher die 14 Mrd locker einsparen.

Helmut Handler
Helmut Handler
Reply to  N. Thorp
27. Juli 2017 23:23

Ich habe nichts gegen irgendwelche Straffungen, wenns gerecht zugeht. Aber 14 Milliarden werden Sie da nie und nimmer lukrieren.

trackback
Sebastian Kurz und der Holler. | Hallo Salzburg
25. Juni 2017 09:03

[…] Weitere Infos, warum die Steuersenkung auf 40 Prozent letztendlich einer enormen finanziellen Mehrbelastung für die Österreicher_innen gleichkäme, gibt es übrigens hier. […]

Ra Appl
Ra Appl
15. Juni 2017 23:30

Ich denke, eine GRUNDLEGENDE Steuer-, Gebühren- und Förderdebatte ohne Tabus und in aller Öffentlichkeit würde Österreich am meisten nützen. Mir fielen da sogleich einige „Baustellen“ ein:
Hauptgründe für Ungerechtigkeit:
* Die MWSt ist zwar für alle gleich – trotzdem ist sie NICHT GERECHT:
Unsere armen (kinder“reichen“) Mitbürger/innen geben zb 90-100% ihres Einkommens für Lebensnotwendiges im Inland aus. Sie haben eine Steuerquote von 10-20% (Lebensmittel, Getränke, Kleidung, Miete, Betriebskosten, Haushalts- u.ä. Geräte, …)
Bezieher/innen hoher Einkommen brauchen davon für Lebensnotwendiges im Inland vielleicht 1-10%, haben aus dem Titel MWSt somit eine Quote von 0,1-2%… – Dass sie den Rest mit STEUERFREIEM KEROSIN in die Karibik exportieren, ist eine böse Unterstellung, für die ich um Entschuldigung bitte, die aber ein überaus trauriges Licht auf „Steuererleichterungen“ wirft…
* Inländische Arbeit(er) sind sehr teuer – importierte Arbeit (per Versandhandel) ist dagegen zu billig! Steuerbefreiung auf Arbeit würde Wertschöpfung durch Baustoffpreise o.ä. im Inland generieren!
Diskussionsstoffe:
1) Gehaltsunterschiede müssen ARGUMENTIERBAR sein: Ausbildung(szeit), -kosten, Verantwortung, Arbeitsbelastung, -erfolg, … Kein Angestellter kann mehr als 20 Reinigungskräfte „wert sein“… (Ein Pharma-Manager „verdiente“ zb 2016 mehr als 1 Mill. Euro pro Monat – 13 Mill. im Jahr!)
2) Förderungen für GEMEINNÜTZIG TÄTIGE: Schwangere, Karenzierte, Kindererzieher/innen bzw. Familien u.a. Hilfsbedürftige.
3) Kunst + Kultur: Ausschließlich LEBENDE kunst-/kulturSCHAFFENDE Landsleute fördern! – Keine Leichenwerke, keine Interpret/inn/en, keine Werbung für transatlantische Machwerke in „unserm“ ORF!!!

FD Günther Koller
FD Günther Koller
10. Juni 2017 18:56

Linke Panikmache.
Zudem: nix genaues weis man.

Ja, die Steuer und Abgabe muss gegen Streichung der politischen Subventionen gesenkt werden. Mehr als 4%-Punkte. Das wäre feig.
Im ersten Schritt auf 20% senken.
Das wäre mutig.
Das ergäbe ein neues Österreich.
Arbeiter, Angestellte, Unternehmen werden die ihnen dadurch verbleibenden Gelder schon sinnvoll einsetzen.
Und das bringt „Wohlstand der Nation“
#denkdichfrei #denkfrei

Helmut Handler
Helmut Handler
Reply to  FD Günther Koller
27. Juli 2017 23:22

Sie wollen die Abgabenquote auf 20% senken?? darf ich fragen, mit welchem Geld sie Autobahnen, Spitäler usw. erhalte oder bauen wollen? Polizisten, Lehrer und sonstige Berufe bezahlen wollen? Pensionen sichern wollen? Die Leute werden die verbliebenen Gelder schon sinnvoll einsetzen? Prinzip Hoffnung statt gesicherter Einnahmen?

Dr.Heimo Sernetz, 8503
Dr.Heimo Sernetz, 8503
8. Juni 2017 16:20

Ja, die Bauern-Förderungen fließen von Wien nach Brüssel und von dort wieder zurück in alle Länder (nicht nach Wien allein. Den „Öaab-Bürokratismus“, den KURZ anspricht, können wir uns bei den Familien-Förderungen sparen und auch gleich keine „Kinder“ fördern. Was sagt seine Bauern..- Sekretärin und der spezielle ..-Bund der EINEN Staats-,Volks- und Bürgermeister-Partei dazu? Sie ist nicht der BUND selbst . Noch gibt es eine Opposition im … HAUS, das von der Öaab-Polizei versperrt und entmündigt ist

Handl Wolfgang
Handl Wolfgang
8. Juni 2017 13:37

……ob die MWST für Lebensmittel und andere Bereiche, die bis jetzt 10% MWST haben, erhöht wird, kann nicht gesagt werden, daher ergeht sich die SPÖ in Vermutungen…..
Im Vorwahlkampf verständlich, nur hilft es nicht, außer, dass die Bevölkerung verunsichert wird.

Halina Kochan
Halina Kochan
8. Juni 2017 11:55

Also – nach dem alten Muster: „Entlastung“ klingt gut und lässt sich gut verkaufen. Der Rest ist nicht wesentlich.Hauptsache – man hat „klare Vorstellungen“. Der Kardinalfehler von Ch. Kern : ein konkretes Programm und konkreter Arbeitsplan. Das hat man nicht so gerne. Es gehört bestraft.

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